Who the f*** is A11y?
Wenn von »Barrierefreiheit« die Rede ist, denken viele in erster Linie an »Menschen mit körperlichen Einschränkungen«. Eine »Minderheit«, die man je nach Sichtweise auch wegdiskutieren kann.
Ich möchte hier die Perspektive wechseln und behaupten: Gerade der durchschnittliche, flexible, mobile Mensch - also Du und ich - profitiert von den Verbesserungen, die unter dem Begriff »Barrierefreiheitsstärkungsgesetz« demnächst Gesetz werden. Es mag als lästige Notwendigkeit erscheinen, aber die Realität ist: 98% der Websites sind nicht (vollständig) barrierefrei - ein Problem, das oft ignoriert wird. Dabei geht es uns alle an.
Wagen wir einen kleinen Exkurs in unseren Alltag...
High Performance Habits
Bewegte Bilder und Töne sind aus der digitalen Welt nicht mehr wegzudenken. Wir schauen uns lieber ein Video an, als einen langen Text zu lesen - und das nicht nur in den sozialen Medien, sondern auch auf klassischen Websites. Doch ohne Untertitel und nutzerfreundliche Bedienung verlieren Websites schnell an Relevanz. In lauten Umgebungen oder unterwegs zeigt sich, wie wichtig barrierefreies Design ist - Videos mit Untertiteln und flexible Abspielmöglichkeiten sind unverzichtbar. Alles andere ist Dekoration.
Deep Work
Deutliche Kontraste und größere Schrift sind nicht nur für ältere Menschen wichtig. Das weiß jeder, der schon einmal eine Präsentation bei schlechten Lichtverhältnissen halten oder in einem Café auf Bali arbeiten musste. Die Lösung: Lassen Sie sich vorlesen!
Aber haben Sie sich schon einmal eine klassische Unternehmenswebsite vorlesen lassen? Unterhaltsam ist es allemal. Wenn die Tools besser werden, können gut strukturierte Inhalte, ein logischer Aufbau und barrierefreier Code helfen, Informationen in alternativen Formen anzubieten. Wenn es gut gemacht ist: einfach großartig!
The future is faster than you think
Im Laufe unseres Lebens kommen wir alle in Situationen, in denen wir vorübergehende Einschränkungen haben – sei es durch einen gebrochenen Arm oder einfach, weil wir gerade beide Hände voll haben. In solchen Momenten sind barrierefreie Lösungen, wie Sprachassistenten oder die Navigation ohne Maus, nicht nur hilfreich, sondern entscheidend für die Akzeptanz einer App oder Website.
Total Digital
Über die Deutsche Bahn wird viel geschimpft, bei uns im Büro hat sich der Begriff »Trainoffice« längst etabliert. Arbeiten im Zug? Kein Problem - bis auf den Internet-Empfang. Hier zeigt sich, wie wichtig performante Websites sind. Barrierefreie Inhalte und optimierte Ladezeiten machen den Unterschied. Nicht nur bei der Datengröße, sondern auch beim Umgang mit alternativen Inhalten. Stichwort: Alt-Texte, Layoutshifts, Fokus, etc.
Über Menschen
Intuitive Benutzerführung und barrierefreies Design kommen jedem zugute, von Kindern bis hin zu weniger technikaffinen Menschen. Einfache Sprache und visuelle Hilfen machen den digitalen Raum für alle zugänglich. Wenn wir also das Gefühl haben, nur Bahnhof zu verstehen, kann es natürlich sein, dass wir auf der Website der Deutschen Bahn einfach nur die Hinfahrt stornieren wollen und nach einer halben Stunde Recherche immer noch nicht wissen, wie das geht...
Don't make me think
Das Konzept des universellen Designs — Produkte und Umgebungen so zu gestalten, dass sie von möglichst vielen Menschen genutzt werden können — ist der Schlüssel dazu. Wenn wir Zugänglichkeit von Anfang an in unsere Entwürfe einbeziehen, schaffen wir Lösungen, die den Bedürfnissen eines breiten Spektrums von Menschen gerecht werden. Das Ergebnis ist eine inklusivere Umwelt, die weniger exklusive Anpassungen erfordert und mehr Menschen erreicht.
Text: Martina Lewis
Vielen Dank an die Autoren der Bücher, deren Titel ich zur Gliederung meines Textes verwendet habe. Leseempfehlung inbegriffen:
- High Performance Habits (Brendon Burchard)
- Deep Work (Cal Newport)
- The future is faster than you think (Peter H. Diamandis)
- Total Digital (Nicholas Negroponte)
- Über Menschen (Juli Zeh)
- Don't make me think (Steve Krug)